Baltikum, 2. Teil: die Statue

Ein weiteres Abenteuer:

Wir befinden uns in Lentvaris, 20km von Wilnius entfernt. Die Kleinstadt ist grau, bestehend aus einfachen, hässlichen Hochhäusern, mit einer beige-braunen Fassade, und mehr oder weniger in Stand gehaltenen Parkplätzen.

Hier machen wir Bekanntschaft mit Tomas und Gedree, ein litauisches Tandemfan-Paar. Tomas ist zur Zeit arbeitslos, wie 20% seiner Landsleute, und Gedree arbeitet für die Oppositionspartei Weißrussland. Die beiden wohnen im 4. Stock eines eben dieser hässlichen Hochhäuser, in einer ganz korrekten 3-Zimmerwohnung (auch wenn man es sich von außen gar nicht vorstellen kann).
Betritt man so ein Gebäude, notiert man sogleich eine eisige Atmosphäre: Im Treppenhaus, nur kalter, alter Beton, eine Art Metallkorridor der vom 5. Stock bis in den Keller führt, ist für den Abfall gedacht (in jeder 2. Zwischenetage ist eine Öffnung; auch wenn dieser Korridor nicht mehr funktioniert, stinkt es fürchterlich), elektrische Kabel, von Lampen u.a. hängen von der Decke.
Tomas und Gedree lieben reisen (natürlich mit dem Tandem), und fahren nach einer ersten Erfahrung in Indien (3 Monate) nach Schottland in die Flitterwochen.
In Litauen halten sie sich ein wenig für Pioniere für diese Art Lebensphilosophie, zwischen Gesundheit und Umweltschutz. Trotz dem geht auch in Litauen voran und beiden wünschen sich, dass ihr Land auch bald ökologischer wird, nach westlichem Vorbild, jedoch ohne die östliche Identität (Brücke zwischen Russland und Westeuropa) zu verlieren.

Wir verbringen mit den beiden 2 Tage und Nächte in Wilnius, zwischen der eigenhändig ausgerufenen Republik Uzupio und dem falschen Ministerium der Künstler Litauens. Hier hat man Humor!
Zwischen Vincent's Magen-Darm-Grippe und dem Regen können wir leider nicht vom kulturellen Leben der Stadt profitieren (obwohl genau an diesem Wochenende viel los ist). Die Hauptstadt so ganz anders, jung und lebendig, hinterlässt dennoch einen guten Eindruck.

Bevor wir dann weiterfahren, tauschen wir erst mal die Tandems um die verschiedene Ausrüstung der beiden Räder zu testen. In diesem Moment taucht ein Mann wie aus dem Nichts auf, kommt mit einer großen Jacke und Zigarette auf uns zu.

- atkuda wi? (Woher seid ihr?)
- Frantsija!

Der Mann öffnet seine Jacke und holt... eine Statue aus Holz hervor! Die Statue misst ca. 40cm und ist etwa 1,5kg schwer; sie stellt einen Denker dar. Der Mann erklärt Tomas, dass dies seine erste Arbeit war, und wir vielleicht einen Meister in Frankreich kennen, der die Figur fertigstellen kann. Sagt's, drückt sie uns in den Arm und verschwindet!

Die Statue ist bereits auf dem Weg nach Frankreich, in der Hoffnung, sie erreicht das Ziel in gutem Zustand. Souvenir der Liebe Litauens für das Holz.